Freitag, 31. Oktober 2008

Kinder sind ähm

31. Oktober 2008
Vorsicht geboten in Merkelpotanien

Stuttgart: Ein Mädchen, noch nicht einmal ein Jahr alt, lebt bei Pflegeeltern, die leiblichen Eltern dürfen ihr Kind einmal in der Woche sehen - in den Räumen des Kinderschutzbundes. Vom Parkplatz bis zum Gebäude sind es 300 Meter. Zu weit, sagt jetzt das Jugendamt. Die Kleine könnte auf diesem Weg traumatisiert werden.

Mönchengladbach: Eltern kämpfen um die Rückkehr ihrer Tochter, die seit über vier Jahren in einem Kinderheim lebt. Das Oberlandesgericht in Düsseldorf hat im Sommer alle Entscheidungen des Familiengerichtes und des Jugendamtes rückgängig gemacht. Die Richterin, die für diese Entscheidungen verantwortlich zeichnet, zieht das Verfahren wieder an sich. Auch die Jugendamtsmitarbeiterin wechselt nicht. Die Eltern dürfen ihre Tochter im Kinderheim nicht mehr besuchen.

Viersen: Nach dem Explosionstod eines Heimkindes im November 2006 versichert das Jugendamt, dass diese Behörde einwandfrei arbeitet. Dann gehen der Amtsleiter und eine Kollegin. Die Presse wird darüber informiert und bekommt den Hinweis, dass die Arbeit der Behörde verbessert werden soll. Die Rheinische Post titelt am 29. Oktober 2008: „Viersen auf neuen Wegen“.

Landkreis Gießen: „Ich bin fast gelyncht worden“, berichtet Andrea Jacob, Arbeits- und Sozialpolitische Sprecherin der Kreistagsgruppe der Linken, nach einer Sitzung des Sozialausschusses. Sie schildert den Fall einer allein erziehenden Mutter, die sich an das Jugendamt im Vogelbergkreis wendet und eine Haushaltshilfe beantragt, damit sie wieder arbeiten kann.

Eine Haushaltshilfe bekommt sie nicht, dafür eine „aufsuchende Familientherapie“. Eine Mitarbeiterin des Jugendamtes und der Jugendamtsleiter führen im Beisein von Familientherapeutinnen mit der vierfachen Mutter ein Gespräch. Die Diagnose: Die Frau leidet unter Persönlichkeitsstörungen. Dazu merkt Andrea Jacob vor dem Sozialausschuss an: „Diese Personen dürfen aber allesamt nicht diagnostizieren. Aufgrund ihrer Ausbildung können sie es auch gar nicht.“

Doch diese Rettungssanitäterin, diese Sozialpädagogin und diese Sozialarbeiterin sind in dieser Hinsicht keine unbeschriebenen Blätter, erfährt Andrea Jacob von anderen Eltern.

Die vier Kinder sind inzwischen aus Kindergarten und Schule abgeholt worden. Den dafür nötigen Gerichtsbeschluss holt sich das Jugendamt erst später. Die Mutter sucht sich im benachbarten Landkreis Gießen eine kleinere Wohnung und bekommt Hartz IV. Andrea Jacob bittet den Fachdienstleiter Jugend und Soziales am 25. September 2008 um ein Gespräch. Die Mutter soll dabei sein. Das Jugendamt lehnt ab.

„Am 10. November 2008 geht es weiter“, lässt Andrea Jacob nicht locker. Uhrzeit und Ort: 18 Uhr, Bürgerhaus, Lollar/Kreis Gießen.

Brüssel: Nach einer Sitzung des Petitionsausschusses des Europäischen Parlamentes sagt der Vorsitzende Marcin Libicki im Juni 2007: „Deutsche Jugendämter wenden brutale Methoden an.“

Siehe auch

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Newsletter

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22. Oktober 2008

Erfolgreicher Aufbruch in die Bildungsrepublik

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Wort gehalten: Bildung ist in der Mitte der Politik angekommen. Bund und Länder übernehmen gemeinsam Verantwortung für die Zukunft junger Menschen. Das Signal von Dresden ist klar: Aufstieg durch Bildung wird einfacher. Es hat sich ausgezahlt, dass die Bundeskanzlerin die Bildungsfrage zu ihrem Thema gemacht hat.

Das erklärte Ziel, bis 2015 den BIP-Anteil für Bildung und Forschung auf 10 Prozent zu erhöhen, steht für einen erfolgreichen Aufbruch in die Bildungsrepublik. Damit werden wir in der Schule besser auf den Beruf vorbereiten, die Zahl der Schul- und Ausbildungsabbrecher halbieren, neue Qualifizierungsangebote machen und die Zahl der Studienplätze ausweiten können.

Die Union will "Mehr Bildung für alle" - dies zu realisieren, ist eine der zentralen Herausforderungen an unsere Gesellschaft. CDU und CSU haben in den Ländern die Weichen für bessere Bildung erfolgreich gestellt. Dieser Linie ist der Bildungsgipfel gefolgt.

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24. Oktober 2008

Wortbruch-Koalition in Hessen

Die SPD in Hessen will tatsächlich eine Regierung auf der Basis eines Wählerbetrugs ins Amt bringen. Das ist die zentrale Botschaft der heute abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen. Der Erfolg des Landes Hessen wird durch dieses waghalsige politische Experiment aufs Spiel gesetzt. Dieser Vorgang schadet der politischen Kultur in Deutschland.

Fatal ist, dass die SPD-Führung in Berlin gegen diese geplante Wort-Bruch-Koalition weiterhin nichts unternimmt. Während der Bundesfinanzminister alles tut, um das deutsche Finanzsystem zu stabilisieren, rühren der SPD-Kanzlerkandidat und der neue Parteivorsitzende keinen Finger, um die Wort-Bruch-Koalition in Hessen zu stoppen.

Gerade in Zeiten der globalen Finanzmarktkrise braucht Hessen als Finanzplatz Nummer 1 in Deutschland eine stabile Regierung. Die SPD-Parteispitze lässt es zu, dass entgegen der eigenen Grundüberzeugung Parteiinteressen über die Interessen eines erfolgreichen Bundeslandes gestellt werden.

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30. Oktober 2008

Deutschland wieder Jobmotor

Angesichts der Arbeitsmarktdaten für den Monat Oktober hat CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla den heutigen Tag als "großen Tag für Deutschland" bezeichnet. "Zum ersten Mal seit 16 Jahren ist es gelungen, die Arbeitslosigkeit unter die 3-Millionen-Marke zu drücken. Betriebe, Beschäftigte und die Politik haben in einer gemeinsamen Kraft-Anstrengung einen enormen Erfolg erreicht. Darauf können wir alle stolz sein", betonte der CDU-Generalsekretär in Berlin.

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Sonntag, 26. Oktober 2008

Wahlkämpfe

26. Oktober 2008
Verteilt Koch Rettungspakete?

In Merkelpotanien gibt es viele Gründe, die SPD nicht zu wählen. Einmal abgesehen davon, dass man daran zweifeln muss, ob alle sozialdemokratischen Spitzenfunktionäre, die es auf Bundesebene gibt, das Ende der nächsten Legislaturperiode überhaupt noch erleben werden, findet die CDU auf Länderebene auch noch andere.

Beispiel Hessen: Wir haben den 28. Dezember 2007 geschrieben, als „Bild“ ein Interview mit einem gewissen Herrn Koch veröffentlichte. In diesem Gespräch warnte dieser gewisse Herr Koch vor „zu vielen kriminellen Ausländern“. Die mussten damals nach Auffassung des gewissen Herrn Koch brutalstmöglich in Handschellen sofort zum Flughafen gebracht und nach Hause geschickt werden. Ganze Seiten füllte das Springer-Blatt anschließend mit immer neuen Warnungen vor diesen „kriminellen Ausländern“ - bis dieser gewisse Herr Koch die Landtagswahl nur noch mit hauchdünnem Vorsprung vor der SPD sozusagen „gewann“.

Dieser gewisse Herr Koch ist in wenigen Tagen endgültig Wahlverlierer. Andrea Ypsilanti schmiedete nämlich eine Koalition, die in Bayern keine Chance hätte, denn dort zu Lande gehören plötzlich Bündnisse von CSU und FDP zu den „Zukunftsmodellen“. Hessen dagegen hat nach Auffassung der CDU keine Zukunft mehr. Nun sind es nicht mehr die „zu vielen kriminellen Ausländer“, die gegen Ypsilanti als Ministerpräsidentin sprechen, sondern der Finanzdienstleistungsplatz Frankfurt. Mit der Linken als Duldungspartner kann der - so die CDU - nicht gestärkt werden. Er wird geschwächt.

Nun warten wir gespannt auf den gewissen Herrn Koch und „Bild“. Verteilt dieser gewisse Herr Koch nun Rettungspakete an die Banken - und das Springer-Blatt ist immer dabei?

Freitag, 24. Oktober 2008

Menschenrechte

24. Oktober 2008
Hildesheim ist nicht Europa?

Merkelpotanien ist ein großes Land. Manche sagen sogar: Es ist ein schönes Land. Wenn das so ist, möchte sicherlich auch Hildesheim dazu gehören. Doch ein Richter aus der kleinsten Großstadt von Merkelpotanien ist dagegen. “Hildesheim ist nicht Europa”, soll er gesagt haben.

Ist aber Hildesheim nicht Europa, dann ist Hildesheim auch nicht Merkelpotanien - und die katholische Kirche muss sich fragen lassen, wo eigentlich sie einen ihrer Bischofssitze unterhält, wenn sich ein Richter nicht über Menschenrechte unterhalten will. Denn um die ist es gegangen - und es ist nicht das erste Mal, dass europäische Richter merkelpotanischen Ämtern, merkelpotanischen Behörden, merkelpotanischen Unternehmen und merkelpotanischen Gerichten auf die Verfassungs-Füße getreten sind.

Aua, hat da schon häufiger eine Frau gesagt, die als Verfahrensbevollmächtigte der Bundesregierung hin und wieder nach Straßburg fährt, um mit einer Niederlage nach Berlin zurück zu kehren. Doch diese Niederlagen werden seltener. Denn: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist derart überlastet, dass sich die Eingaben auch aus Merkelpotanien in Richterstuben stapeln und kaum noch bearbeitet werden können.

Da könnte es durchaus von Vorteil sein, wenn Hildesheim nicht mehr Europa wäre. Aber wohin mit dieser kleinsten Großstadt in Merkelpotanien? Zum Mond schießen?

Das wäre nicht so gut, denn Inder erforschen gerade die Oberfläche und würden sicherlich schnell feststellen, dass es nicht nur den Mann im Mond, sondern auch noch eine richterlich verlegte Stadt gibt, die wissenschaftliche und andere Neugier wecken würde. Und das wollen doch weder dieser Richter noch jene Verfahrensbevollmächtigte riskieren…

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Mittwoch, 22. Oktober 2008

Bildung

22. Oktober 2008
Ist Dresden nun der Gipfel?

In Merkelpotanien muss man sich das so vorstellen: Alle Bundestagsparteien wollen in die politische Mitte - bis auf die Linke, die deswegen auch so heißt, außerdem wollen alle nach oben - sogar die Linke, obwohl sie nicht so heißt.

Oben ist bei Bergen bekanntlich der Gipfel. Dort soll nach Dresden die Bildung hin. Deswegen sollen bis 2015 einige Milliarden mehr ausgegeben werden als bisher geplant. Darauf haben sich Bund und Länder geeinigt. Nach Elite-Universitäten gibt es in sieben Jahren also in Merkelpotanien Elite-Schulen, Elite-Kindergärten und Elite-Horte? Was der Bundeskanzlerin allerdings noch nicht reicht. Sie will sogar “Bildung für alle”.

Allerdings hat ihre Partei auch einen Generalsekretär. Der scheint das Signal von Dresden noch nicht verstanden zu haben und behauptet in einem Newsletter, die Bildung sei “in der Mitte der Politik” angekommen. Also doch nicht auf einem Gipfel? Und wie kann etwas in der Mitte ankommen, wenn es nach konservativer Auffassung dreigliedrig bleiben soll oder dual?

Bei dem behaupteten Gedrängel in der Mitte müsste man zudem um den Überblick fürchten. Und zweitens: Mehr Geld bedeutet noch lange nicht mehr Qualität. Und drittens: Wann gibt es eine Wegbeschreibung? Oder sollen für Bund und Länder weiter viele Wege nach Dresden führen?

In die Mitte kommen ist leichter als auf einen Gipfel. Dazu braucht man einen langen Atem - und nicht alle Jahre wieder neue Absichtserklärungen. Der nächste Schritt müsste sein: Die zuständigen Ministerien bekommen die besten Leute, die man für diese Aufgabe finden kann und nicht - wie viel zu oft - Politiker, für die man bei einer Kabinettsbildung auch noch etwas finden musste…

Verkehr/Bahn

22. Oktober 2008
Die Bahn kommt auch ohne Kinder an?

Selten schafft eine Lokalmeldung den Sprung in andere Medien, doch diese geht durch Presse, Funk und Fernsehen: Eine Zugbegleiterin hat eine Zwölfjährige zwischen Doberan und Rostock rausgeworfen. Das Mädchen war kurz vor Einbruch der Dunkelheit auf dem Weg zu einer Musikschule und hatte ein Cello bei sich. Da die Kleine Geldbörse und Fahrkarte vergessen hatte, flog sie aus dem Zug und musste die fünf Kilometer zu ihrem Elternhaus mit dem Instrument auf dem Rücken zu Fuß zurücklegen.

Da stellt man sich gleich die Zugbegleiterin vor: verhärmt, Laufmaschen in den Nylonstrümpfen und nach unten gezogene Mundwinkel. Doch eigentlich: Passt diese Meldung zum kinderfeindlichen Deutschland und auch noch zur Servicewüste.

Die Bahn kommt zwar immer irgendwie an, aber bis dahin kann so Einiges geschehen. Beispielsweise in Niedersachsen. Da steht ein türkischer Student am Schalter und hätte gern ein verbilligtes Ticket für Zugfahrten in diesem Bundesland.

„Wo wollen Sie denn hin?“ fragt der Schalterbeamte.

„Nach Lingen“, antwortet der Student.

„Dann kann ich Ihnen solch ein verbilligtes Ticket nicht verkaufen. Lingen liegt schließlich nicht in Niedersachsen, sondern in Nordrhein-Westfalen.“

Sechs. Setzen!

Beispielsweise wieder in Niedersachsen.

„Ich hätte gern eine Fahrkarte nach Bad Elster im Vogtland.“

„Moment. Kostet 100 Euro.“

„Das kann nicht sein. Vorigen Monat habe ich 67 Euro bezahlt.“

„Die Fahrpreise sind aber nicht erhöht worden.“

„Haben Sie die Strecke über Hof genommen oder über Leipzig?“

„Über Hof.“

„Die ist doch viel teurer.“

„Gut. Dann fahren Sie eben über Leipzig.“

Sechs. Setzen!

Dienstag, 21. Oktober 2008

Soziales

21. Oktober 2008
OECD und Gebührenmöglinge

Wenn in einem Land wie Merkelpotanien Milch und Honig fließen, gibt es natürlich auch immer welche, die diese Köstlichkeiten nicht mögen. Nur deshalb ist es möglich, dass die OECD wieder einmal festgestellt hat: „Deutschland liegt hier leicht über dem Durchschnitt.“ Gemeint ist Armut. Von der auch immer mehr Kinder betroffen sind. Eine ähnliche Entwicklung gibt es demnach nur noch in Tschechien, Kanada und Neuseeland.

Doch die Bundeskanzlerin von Merkelpotanien hat längst ein Rezept gegen diese unerfreulichen Nebenwirkungen der Marktwirtschaft und der Globalisierung. Das Zauberwort heißt: Bildung. Sie ermögliche die Teilhabe an Wohlstand und Wohlergehen. Ergo: Akademiker, die als Taxifahrer ihren Broterwerb bestreiten müssen, hat es nie gegeben.

Zur Bildung gehört auch Politik, Bildungspolitik also. Irgendwo in Merkelpotanien versteckt wird gerade eine Studie, aus der hervorgeht, dass Studiengebühren vom Universitätsbesuch abschrecken können. Ist doch alles Unsinn, sagt dazu die zuständige Ministerin und erklärt einerseits, dass man erst einmal abwarten müsse, was bei einer zweiten Studie herausgekommen ist, außerdem weiß sie bereits: „Immer mehr Studenten mögen Studiengebühren.“ Die organisieren sich derzeit wohl gerade im Ring Christlichdemokratischer Studenten (RCDS). Bevorzugte Studienfächer dieser Gebührenmöglinge dürften sein: Jura (Beruf mit Zukunft, weil immer mehr Hartz-IV-Empfänger den Klageweg beschreiten) und Volkswirtschaftslehre (damit immer mehr eine Erklärung für die nächste Finanzkrise finden).

Zurück zur OECD-Studie über Merkelpotanien: Da die Arbeitslosigkeit dermaßen rasant gesunken ist, haben selbstverständlich auch viele wieder ein Einkommen - und mit dem sinkt das Armutsrisiko. Das steht auch in dieser OECD-Untersuchung und macht Hoffnung auf Milch und Honig für alle. Zwei oder drei Einkommen wären logischerweise noch besser und die könnte man auf geradezu spielerische Weise so schaffen: Jedes Kind bekommt einen Krippen-, Hort- oder Kindergartenplatz, geleitet werden diese Einrichtungen von den Eltern der Kinder.

Doch damit hat die Bundeskanzlerin von Merkelpotanien den Bildungsgipfel sicherlich noch lange nicht erreicht. Das wird sich morgen in Dresden zeigen. Dort fließen Milch und Honig übrigens besonders reichlich. Denn: Dresden gehört zu einem Bundesland das von der CDU regiert wird - dazu hat die Bundeskanzlerin von Merkelpotanien just festgestellt, dass der „Osten“ aufgeholt hat, der von ihrer Partei regierte am meisten. Warum ein Ministerpräsident von Sachsen dermaleinst in einem Supermarkt einen Rabatt herausschlagen wollte, hatte mit zwei Dingen nichts zu tun: mit seinem Einkommen und schon gar nicht mit Merkelpotanien…

Freitag, 17. Oktober 2008

Kanzleramt

17. Oktober 2008
Internet-präsente Regierungschefin

Die Bundeskanzlerin ist so internet-präsent wie keiner ihrer Vorgänger, Woche für Woche verkündet sie ihre Botschaften per Video. Auch Fragen kann man ihr online stellen. Für die Antworten wird allerdings vom Bundeskanzleramt nichts Originelles verfasst, aus der Schublade geholt werden längst bekannte Verlautbarungen. Stellt jemand eine Frage, zu der es nichts Vorgestanztes gibt, wird diese Frage auf den Seiten von Angela Merkel weder erwähnt geschweige denn beantwortet.

Für die 54-Jährige könnte zwar das Motto gelten “Zeit, dass sich was dreht”, aber zu schnelle Bewegungen müssen es aus ihrer Sicht nicht sein. Fragt man die Wählerinnen und Wähler, dann sagen die meisten: “Die macht einen ganz guten Job.” Wie der konkret aussieht, kann kaum jemand sagen. Es ist eben nicht viel mehr als ein gutes Bauchgefühl, das sich sogar während der derzeitigen Krise schnell wieder einstellt. Die Bundeskanzlerin muss nur sagen, dass ihr Ziel eine “menschliche Marktwirtschaft” sei und schon macht die Nation erst einmal ein Nickerchen nach durchwachten Nächten.

Diese Frau wird die nächste Bundestagswahl gewinnen. Daran ändern auch zehn neue SPD-Vorsitzende nichts. Die Sozialdemokraten können sich nur vornehmen, nicht zu weit unter 30 Prozent zu rutschen, während Angela Merkel von einer Koalition mit der FDP träumt, in der die CDU mehr Bewegungsfreiheit hat als in der Großen Koalition. Wird die Bundesrepublik Ende nächsten Jahres christ-liberal, wird Angela Merkel ihr konservatives Profil schärfen. Zurzeit unterscheidet sie sich kaum von Gerhard Schröder.

Die politische Landschaft sieht allerdings nicht mehr so aus, dass man Koalitionsprognosen wagen kann. Ob also die Bundeskanzlerin demnächst ihr Merkelpotanien so gestalten kann wie ihr das vorschwebt, weiß niemand.

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Die Kanzlerin

Lücken im Lebenslauf

„Die deutsche Kanzlerin soll als Stasi - Mitarbeiterin an Bespitzelungen des ehemaligen DDR-Regimekritikers Robert Havemann im Jahr 1980 teilgenommen haben“, schreibt das „Schweiz-Magazin“ am 29. Mai 2008 - und der Rest ist Schweigen - bei Gregor Gysi aber nicht? Gilt wieder Brechts „Maß für Maß“?

1976 bekam Robert Havemann in Grünheide bei Berlin Hausarrest, weil er in einem Brief an den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann protestiert hatte. Der „Spiegel“ veröffentlichte dieses Schreiben. Fortan wurde der Regimekritiker rund um die Uhr bewacht, Fotos von der Bewachung landeten in den Akten der Staatssicherheit (Stasi), dort landete auch ein Schnappschuss, auf dem Angela Merkel zu sehen sein soll. Der Westdeutsche Rundfunk nahm von einer Veröffentlichung Abstand, als die spätere Bundeskanzlerin Protest anmeldete.

Jetzt gab Angela Merkel „Bild am Sonntag“ ein Interview, in der Ausgabe vom 13. Juli 2008 ist auch die Kindheit der Bundeskanzlerin ein Thema, doch ihre Schilderungen klingen nach Idylle in der Uckermann und bei Besuchen der Großmutter in Ost-Berlin, die der kleinen Angela mehr Fernsehkonsum erlaubt hat als die Eltern. Außerdem berichtet sie von einem „Leben sehr nahe an der Natur“: „So konnte ich im Winter zum Beispiel beim Schneider und beim Tischler zusehen und mitmachen, im Frühjahr beim Gärtner und im Herbst bei der Landwirtschaft.“

Ebenso dürftig wie in diesem Interview sind Angela Merkels Angaben in ihrem offiziellen Lebenslauf: „Geboren am 17. Juli 1954 in Hamburg; evangelisch; verheiratet, 1973 Abitur in Templin, 1973 bis 1978 Physikstudium an der Universität Leipzig, Diplomphysikerin, 1978 bis 1990 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinsititut für physikalische Chemie an der Akademie der Wissenschaften, 1986 Promotion, 1989 Mitglied des Demokratischen Aufbruchs.“
Mehr war für Angela Merkel nicht in der DDR? Die spätere Bundeskanzlerin hat in der wichtigsten Akademie der DDR gearbeitet, in deren Statuten die führende Rolle der SED festgeschrieben wurde - aber ansonsten gab es nichts und 1980 ist sie zwischen zwei Forschungsaufträgen an der Akademie für Wissenschaften nur einmal Havemann-Gucken gegangen?

Wenn es so wäre, könnte sie es doch sagen, dann könnte sie doch erklären: Ich war nie in der Freien Deutschen Jugend (FDJ), ich habe nie zu einer SED-nahen Organisation gehört, mein Abitur habe ich als überzeugte Anhängerin der evangelischen Kirche gemacht, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Akademie der Wissenschaften bin ich geworden, ohne die Statuten zu kennen und mich danach zu richten.

Außerdem: Ist Angela Merkel konfirmiert worden oder hat sie wie die meisten jungen DDR-Bürgerinnen und Bürger an der Jugendweihe teilgenommen, bei der DDR-Jugendliche ein Gelöbnis auf die „sozialistischen Ideale“ abgelegten? Schließlich galt zu SED-Zeiten: Ohne Jugendweihe kein Abitur, ohne Abitur kein Studium…Hat da jemand bei Angela Merkel eine der wenigen Ausnahmen gemacht? Und: Warum?

Noch ist es so: Unsere Bundeskanzlerin ist irgendwie 1989 vom Himmel ins politische Geschehen gefallen und wurde „Kohls Mädchen“.

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Finanzen

15. Oktober 2008
Endlich haben wir eine Volks-Wirtschaft

Hurra, hurra, hurra! Mir gehört eine Bank. Habe ich gerade aus den Nachrichten erfahren. Soll demnach unsere Bundeskanzlerin vor dem Deutschen Bundestag gesagt haben. Dort hat sie das Milliardenpaket für die Rettung von Banken gepriesen. Damit ist Schaden vom Volk abgewendet worden. Hat sie gesagt.

Da Angela Merkel aus einem Land stammt, in dem mit „Wir sind das Volk“ die Regierung weggefegt worden ist, gehören auch die Banken zum Volk, denn wenn das Sein das Bewusstsein bestimmt, wären sonst auch die Banken hinweggefegt worden. Sind sie aber nicht. Verhindert worden ist das vom dialektischen Materialismus. Demnach entwickelt sich alles zum Besseren. Wie die Banken mit einer Finanzkrise. Weil: Anschließend gehören sie dem Volk - und eine gehört mir.

Auf meine Bank werde ich gut aufpassen. Versteht sich ganz von selbst, denn endlich widersprechen die Geld-Produktionsverhältnisse nicht mehr meinen Geld-Produktivkräften. Das hat meiner Bank und somit mir bislang im Wege gestanden bei der Schöpfung einer besseren Welt. Die wir alle wollen. Somit auch unsere Bundeskanzlerin, die endlich weiß, warum sie in der DDR aufgewachsen ist und sich darüber nie beklagt hat.

Wer so erzogen worden ist, beklagt sich auch nicht über eine Finanzkrise, sondern schöpft Kraft aus ihr als Mensch mit gesellschaftlichen Ohren und Augen, die alles sehen und hören, wie früher die Stasi und bislang die Bankenaufsicht nicht. Das ist vorbei. Der Kapitalismus hat sich - wie von einem Philosophen aus Trier vorhergesagt - selbst abgeschafft. Dafür haben wir jetzt eine Volks-Wirtschaft. Auferstanden aus den Ruinen, die Gier und Maßlosigkeit hinterlassen haben.

Dafür gebührt Angela Merkel ein Platz in den Geschichtsbüchern. Schade, dass die Frankfurter Buchmesse schon begonnen hat - aber nächstes Jahr gibt es wieder eine. Mit unserer Bundeskanzlerin als Gastland. Merkelpotanien. Das Land, wo Milch und Honig fließen. Ob auch die Börsen zum Volk gehören, muss allerdings noch abgewartet werden. Kann sein. Muss aber nicht.