Sonntag, 29. November 2009

"Goldige" Ministerin?

29. November 2009
Kristina Köhler mischt bei Ausländerhetze mit

Weiblich, ledig, jung - und aus Hessen: Kristina Köhler ist Bundesfamilienministerin. Die Geschichte kennen wir bereits: Schon als 12-Jährige wollte sie Mitglied der Jungen Union (JU) werden, war aber erst mit 14 möglich, deshalb wartete sie zwei Jahre, bis sie zum ersten Mal bei einem JU-Treffen auftauchte. Nach Ende der Veranstaltung überraschte sie den heutigen CDU-Fraktionschef Bernd Lorenz mit der Bitte, die Namen aller Bundesminister aufsagen zu dürfen. Die habe sie auswendig gelernt. „Das findet Lorenz bis heute ´goldig´“, steht in der „Bild am Sonntag“. Die titelt am ersten Advent: „Die Generation Facebook kommt an die Macht - Hoppla, ich bin Ministerin“.


Klingt irgendwie gut. „Sie ist evangelisch, aufgeklärt konservativ und ledig. Kristina Köhler ist die CDU-Antwort auf Philipp Rösler - nur noch jünger“, heißt es auf den Internetseiten der „Zeit“. Auch das klingt nicht schlecht. Wenn da nur nicht diese „Panorama“-Sendung vom 25. Januar 2008 wäre.

Diese Geschichte sollten wir nicht vergessen: „Bild“ stürzt sich in den hessischen Wahlkampf, veröffentlicht am 28. Dezember 2007 ein Interview mit Roland Koch, der behauptet: „Wir haben zu viele kriminelle Ausländer“. Bis zum Wahltag widmet sich dieses Boulevardblatt dem Thema auf geradezu Ekel erregende Weise. Jede Warnung wird in den Wind geschlagen.

„Panorama“ heftet sich an die Fersen des CDU-Kandidaten, besucht Wahlkampfveranstaltungen, bei denen die Behauptung aufgestellt wird, „Scheiß-Deutscher“ sei immer häufiger das Motto bei Gewalt von Ausländern, „das Vaterland“ werde unterwandert, eine Koch-Sympathisantin plädiert für „Arbeitslager“.

Dann kommt Kristina Köhler zu Wort. Sie spricht von „deutschfeindlicher Gewalt“, die immer mehr zunehme. Als Kronzeugen ruft sie Professor Christian Pfeiffer auf. Der widerspricht energisch, spricht von „Missbrauch“ der Thesen seines Institutes. Auch ein Richter und ein Staatsanwalt gehen auf Distanz. Für die Behauptungen von Kristina Köhler gebe es keine Belege.

Die neue Bundesfamilienministerin gehört zur Internet-Generation, das Internet hat ein gutes Gedächtnis. Möglich, dass die 32-Jährige das bedauert, denn die Rolle, die sie im hessischen Wahlkampf gespielt hat, beweist: „Goldig“ ist sie nicht immer…

Der "Panorama"-Beitrag

Samstag, 28. November 2009

Mit dem Zweiten?

28. November 2009
Roland Koch entlässt ZDF-Chefredakteur

Wieder einmal “brutalst möglich”: Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat den ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender absägen lassen. Nach zehn Jahren wird der Vertrag des 60-Jährigen nicht verlängert. Damit hat Koch nun auch noch bewiesen, dass er nicht nur ein Parlament belügen oder gegen Ausländer hetzen, sondern auch einflussreicher als der Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens sein kann. Immerhin hat der hessische Ministerpräsident so viele Verbündete gefunden, dass Nikolaus Brender nur sieben von 14 Stimmen im ZDF-Verwaltungsrat bekam.


Protestiert wurde bereits von vielen Seiten. Vergeblich. Konservative Kreise haben ihre Muskeln spielen lassen und einen unabhängigen Journalisten aus dem Nachrichten-Ring geboxt. Ob aber das ZDF deswegen nun endlich ein “Adenauer-Fernsehen” wird, muss abgewartet werden. Gelingen könnte es. Dazu später mehr.

Dem ersten Bundeskanzler stand der Sinn nach solch einem CDU-Sender, Adenauer wollte einen Partei-Kanal, bekam aber nur Mainz als gedachtes Gegengewicht zu den ach so Linken beim Ersten. Schon damals begriff das Fernsehpublikum, dass kritische Berichterstattung so manchem Politiker so gut schmeckt wie Lebertran.

Endlich schwarze Nägel!

Wird Zeit für Nägel mit schwarzen Köpfen! Roland Koch und seine Helfer übernehmen einen Teil der GEZ-Gebühren, finanzieren davon Redakteure, die jeden Rücktritt eines Kabinettmitglieds als großen Erfolg der Regierung feiern und nennen das Ganze “Schwarzer Kanal”. Dieser Name dürfte nach dem Ende der DDR wieder frei sein.

Alle Nachrichtensendungen beginnen mit einer Ansprache der Bundeskanzlerin, anschließend kommen alle Minister zu Wort und auf der Wetterkarte gibt es täglich Sonnenschein. Dann werden Zeitungsmeldungen verlesen, die sich nicht mit Politik beschäftigen, auch nicht mit Arbeitslosigkeit, sozialen Problemen oder anderen Ereignissen, die auf Schwierigkeiten hindeuten könnten. Heino moderiert Abend für Abend bis 22 Uhr die Quizshow “Hätten Sie das gedacht? Besser nicht denken”. Das Programm endet mit einem allabendlichen Besuch beim Bundespräsidenten und einer Gute-Nacht-Geschichte seiner Gattin aus dem CDU-Grundsatzprogramm.

Black is beautiful

Nach und nach könnten die angeheuerten Redakteure wieder entlassen werden, gebraucht werden irgendwann nur noch ein Hausmeister, der vor dem Ersten auf- und nach dem Letzten wieder abschließt, ein paar Kameramänner und Toningenieure, vielleicht noch ein Maskenbildner für Roland Koch, der die Werbeeinblendungen für die schöne neue CDU-Fernsehwelt übernimmt. Zwischendurch dürfte auch einmal Edmund Stoiber übernehmen, zumindest bei auf Bayern zugeschnittene Sendungen über Bierzelte und Volksfeste ohne großen bürokratischen Aufwand. Verlost werden bei solchen Gelegenheiten Fernbedienungen, die nur noch einen Knopf haben. Drauf steht “Black is beautiful”.

Fast drei Dutzend Staatsrechtler haben vor dem heute Geschehenen gewarnt. Wird ab sofort an hessischen Universitäten nicht mehr gelehrt. Roland Koch hat übrigens erklärt, dass er an der Integrität von Nikolaus Brender keinen Zweifel hege. Woher nur kennt der hessische Ministerpräsident dieses Wort?