Dienstag, 25. November 2008

SPD-Weihnachtsgeschichte

25. November 2008
Als Ex-Minister die SPD noch schätzten

Und es begab sich zu einer Zeit, als die SPD zumindest noch von den eigenen Ex-Ministern geschätzt wurde, also vor langer Zeit, da plante eine Spitzenkandidatin, die inzwischen von der SPD auch nicht mehr geschätzt wird, eine Wende in der Energiepolitik, mit der sich ein Parteifreund, der bekanntermaßen schlimmer ist als jeder Feind, nicht anfreunden konnte, weil er seit geraumer Zeit mit genau dieser Energiepolitik Geld verdiente. Also sagte er: Wählet diese Kandidatin nicht!

Beinahe jedoch wäre sie gewählt worden und dafür, dass es nicht ganz geklappt hatte, wurde jener Ex-Minister zur Rechenschaft gezogen. Sie riefen: Werft ihn aus der SPD! Das aber scheiterte an der Erkenntnis, dass die SPD es sich gar nicht mehr leisten konnte, jemanden aus der Partei zu werfen, denn: Wehe, der Mitgliederschwund war auch so schon groß genug. Also wollten sie diesen Ex-Minister behalten und schimpften ihn nur ein wenig aus und gaben ihm den Rat: Wenn du als SPD-Mitglied die SPD nicht mehr wählen kannst, dann schweige darüber!

Reden mag zwar Silber sein und Schweigen Gold, aber Geld, Geld verdienen kann auch ein Ex-Minister nicht, wenn er Vorträge halten würde, ohne ein Wort zu sagen. Es musste also etwas geschehen, und es geschah dies: Der Ex-Minister verzichtete, worauf er angeblich nicht verzichten wollte, auf die Mitgliedschaft in der SPD nämlich. Damit war jedem die Sache klar: An der Nase herumführen kann man sogar solche, die gar keine Nase mehr haben. Trotzdem tuscheln sich andere immer noch zu: Auch bei der nächsten Bundestagswahl will die SPD wieder antreten. Ob der neue Spitzenkandidat jedoch noch geschätzt wird, ist eine Frage, die nicht einmal mehr dieser Spitzenkandidat beantworten kann.

Sonntag, 16. November 2008

Wilhelmshaven

16. November 2008
Bitte ein Schnittchen zum Olympia-Konkurs

Als Wilhelmshavener muss man nur 14 Tage weg gewesen sein, in Holzminden zum Beispiel und dann in Hannover und umzu und schon bekommt man bei der Rückkehr einen Schock. Das kann beim Aufschließen der Haustür beginnen, denn dort hat ein Mieter eine Botschaft an einen „sehr geehrten Fahrraddieb“ aufgehängt. Der habe ihm innerhalb kurzer Zeit zwei Räder aus dem Keller gestohlen. Ein neues könne er sich nicht leisten. Deshalb warte er nur darauf, diesem Dieb zu begegnen. Dann ist etwas gebacken.

Doch noch heftiger wird es, wenn man sich die Ausgaben der „Wilhelmshavener Zeitung“ anschaut, die in diesen beiden Wochen erschienen sind, denn inzwischen hat man sich wieder an Zeitungen gewöhnt. Da grinst sich doch glatt wieder einmal einer fast halb schlapp. Unglaublich lustig findet der offenbar die Veröffentlichung eines Buches, in dem die Geschichte der Olympia-Werke erzählt wird. Dieses Schreibmaschinenwerk vor den Toren Wilhelmshavens hat bekanntermaßen bis zu 15 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, bis Managementfehler, die von niemandem zu überbieten sind, zum langsamen Aus dieses Unternehmens geführt haben. Wenn das nicht zum Totlachen ist, dann weiß man auch nicht mehr, worüber man sich in dieser Stadt sonst noch amüsieren sollte.

Es ist schier unglaublich, wer an der Jade irgendwie nach oben gekommen ist, auch der Verleger der „Wilhelmshavener Zeitung“ feixt sich einen. In dieser Stadt könnte man sicherlich auch ein Buch über die Finanzkrise oder über den Schwarzen Freitag herausgeben und die so genannte Prominenz würde sich Sekt schlürfend vor Freude fast verschlucken. Tun sie aber gar nicht, sie bekommen das Zeug problemlos in den Magen, der sich eigentlich jedem umdrehen müsste.

Schließlich leben in dieser Stadt immer noch Familien, die unter diesem Konkurs leiden, der seinerzeit den Abwickler der Misere zu der Äußerung veranlasst hat, dass er überhaupt keine Erklärung für diesen Skandal finde. Da haben es die auf dem Foto Grinsenden einfacher: Her mit dem Buch über die reichlich geschönte Geschichte der Olympia-Werke und durchkämpfen zum Kalten Buffet! Darf es noch ein Schnittchen sein? Gern doch - mit Lachs…

Donnerstag, 6. November 2008

Umtausch-Regierungen

6. November 2008
Alle Jahre wieder...

Der Umtausch gehört zum Weihnachtsfest wie die Vorfreude, der Weihnachtsmann und der Tannenbaum, o Tannenbaum. CD´s, die man doppelt bekommen hat, werden ebenso in die Läden zurück gebracht wie - jetzt in Hessen sogar Landesregierungen. In diesem Bundesland kann man sich neuerdings jedes Jahr einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Möglich ist aber auch: Man kann den alten geschäftsführend behalten - ganz sicher und auf jeden Fall bis zum nächsten Jahresbeginn.

So vertreibt sich der gewöhnliche Wahl-Hesse fortan alle zwölf Monate diesen ansonsten so tristen Januar. Er liest jeden Morgen die "Bild"-Zeitung und verfolgt die gerade aktuelle Artikelserie zur Unterstützung des CDU-Kandidaten, während die SPD noch nicht ganz sicher ist, ob sie wirklich aufstellen soll, wen sie just aufgestellt hat. Brav geduldet wird das von der Linken, worüber sich die Grünen freuen und die FDP sich schwarz ärgert.

Da in Wiesbaden Stimmen noch nicht so lange ausgezählt werden dürfen wie dermaleinst in Florida, gibt es stets keinen klaren Wahlsieger und Ypsilanti schickt Jahr für Jahr eine Schmollkarte aus dem politischen Nirwana, auf der sie ihr Desinteresse an weiteren Sonderparteitagen äußert, so lange noch Sozialdemokraten mit funktionierendem Gedächtnis zur Fraktion gehören.

Doch aus den Geschichtsbüchern wissen wir, dass der SPD immer noch irgendwann der große Wurf gelungen ist. Ende 2020 löst sie sich deshalb in Hessen auf und sorgt so für klare politische Verhältnisse. Roland Koch scheidet aus dem geschäftsführenden Amt und unterstützt bis zu seinem Ableben brutalst möglich seinen Nachfolger. Für dieses Geschenk, das niemand umtauschen kann, bedankt sich dieser ganz, ganz herzlich...

3. November 2008
Der politische Spaß vergangen

Ein Dilettant ist ein Nichtfachmann, in diesem Fall eine Nichtfachfrau. Delectare bedeutet „sich erfreuen“, soll heißen: Antriebsfeder für Handlungen ist entweder privates Interesse oder privates Vergnügen. So betrachtet hat sich Andrea Ypsilanti den Spitznamen Andrea Dilettanti auf geradezu spielerische Weise erworben.

Nach der Landtagswahl verzockte sich die hessische SPD-Chefin das erste Mal, denn aus Darmstadt kam die Warnung: „Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.“ Das hatte Andrea Ypsilanti eine Zeitlang schlicht überhört, als sie diese Ankündigung ernst nahm, war es zu spät.

Doch einem Dilettanten ist das Vergnügen an fortgesetzter Herumalberei kaum zu nehmen und so nahm Andrea Ypsilanti einen neuen Anlauf, der sie endlich an die politische Spitze des Bundeslandes führen sollte. Mit den Grünen vereinbarte sie zum zweiten Mal eine Koalition, die von den Linken geduldet werden sollte. Auf Parteitagen wurde fleißig geübt - und siehe da: Nichts war klar, obwohl Andrea Ypsilanti einen anderen Eindruck gehabt haben muss, denn sie tüftelte mit dem nach ihrer Auffassung zukünftigen Partner einen Vertrag aus, der in diesen Stunden unterzeichnet werden sollte.

Doch aus dem privaten Vergnügen ist wieder politischer Ernst geworden. Dem Vernehmen nach wollen mindestens vier SPD-Abgeordnete Andrea Dilettanti den Spaß verderben. Sie drohen sogar mit dem Austritt aus der Fraktion.

Deshalb ist es für die SPD-Chefin am Rhein nicht mehr so schön, so tief kann das Wasser gar nicht sein, dass sie irgendwo diese Blamage auf Nimmerwiedersehen versenken kann. Für Hessen scheint das nicht weiter schlimm zu sein, denn: Von einer Politikerin, die nicht einmal weiß, was in ihrer eigenen Partei los ist, ist auch kaum zu erwarten, dass sie jemals erfährt, was in einem Bundesland vor sich geht.

In der CDU wird man sich die Hände reiben dürfen, bis es jedem Christdemokraten warm ums Herz wird. Die SPD ist am Ende, politisch handlungsunfähig gemacht von der eigenen Vorsitzenden. Es gibt ein Haus in Berlin, in dem jetzt wohl die Wände wackeln. Anschließend kehrt die Einsicht ein: In Merkelpotanien dürfen wir uns das nächste Bundestagswahlergebnis nicht mehr ausmalen. Wir können nur noch hoffen, dass Schwarzmalerei reicht.